Wie schmeckt Salz?

Rauchsalz probieren

Bei kaum einem anderen Thema gehen die Meinungen so auseinander, wie beim Thema, welches Salz gut schmeckt bzw. gut ist. Die Bandbreite der Meinungen geht von: "Es ist völlig egal, welches Salz man verwendet, es ist schließlich immer Natriumchlorid" und reicht bis zu: "Ich nehme ausschließlich das Himalaya Salz, es ist voller magischer Mineralstoffe." 

Schon mal vorab, ich ordne mich irgendwo in der Mitte dieses Meinungsspektrums ein. Während ich eine esoterische Überhöhung von Salzen ablehne, habe ich mit meiner eigenen Zunge Unterschiede bei Salzen festgestellt. Salz schmeckt für mich nicht immer gleich und wo die Unterschiede liegen, möchte ich hier gern erklären. 

 

Woraus besteht Salz? 

Chemisch gesprochen ist Salz eine Mischung aus Natrium und Chlor (Natriumchlorid). Und auch wenn viele Gewürzhändler Salze vertreiben, so ist es streng genommen kein Gewürz, sondern ein Mineral. Aber nicht irgendein Mineral, sondern für uns Menschen ein lebenswichtiges. Denn ohne Salz kann der menschliche Zellstoffwechsel nicht funktionieren. Natriumchlorid ist eines der wenigen Mineralien, die wasserlöslich sind und somit als Transportmittel im menschlichen Körper wichtige Funktionen übernehmen. 

Allerdings bestehen nur raffinierte (gereinigte Salze) zu  100% aus Natriumchlorid. Natursalze beinhalten weitere Mineralien, Spurenelemente oder andere organische Inhaltsstoffe. Damit Salz als Speisesalz auf den deutschen Tellern landen darf, sollte der Natriumchloridgehalt laut Lebensmittelverordnung mindestens 97% sein. (Es gibt jedoch auch Natursalze, deren Natriumchloridgehalt aufgrund anderer enthaltener Mineralstoffe deutlich darunter liegt). Dies bedeutet umgekehrt, dass sich die Unterschiede von verschiedenen Salzen vor allem in den verbleibenden drei Prozent abspielen. (Weitere Informationen zum Thema Industrie- und Natursalze finden sich in diesem Artikel

Wenn man sich anschaut, dass wir maximal zwischen 4-8 Gramm Salz pro Tag zu uns nehmen sollten, kann man sich vorstellen, dass 3% von dieser Menge so verschwindend klein ist und somit die Einnahme der Mineralien gesundheitlich keinen Unterschied macht. 

Die große Frage, an der sich viele Geister scheiden, ist, ob der Unterschied in den 3% Inhaltsstoffen geschmacklich nachvollziehbar ist. 

Ich persönlich konnte bei verschiedenen Salz-Verkostungen Unterschiede zwischen Salzsorten schmecken. Mir ist dabei aber auch bewusst, dass unser Geschmack eine multisensorische Erfahrung ist, die neben dem Geschmack, den wir auf der Zunge schmecken, von Geruch, Aussehen und Textur beeinflusst wird. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass in Summe ("geschmacklicher Gesamteindruck") Unterschiede deutlich erkennbar sind. 

Einige Salze wie z.B. das Murray River Salz kommen mir sehr mild vor, während z.B. das bolivianische Rosensalz intensiv und leicht süßlich anmutet. Dies kann an den Mineralien liegen, denn wie ich im lesenswerten Artikel "Der Geschmack der Ionen" in der Zeitschrift Effilee nachlesen konnte, gibt es Süßgeschmacksrezeptoren, die auf Metallionen anspringen. Wenn man nun noch weiß, dass das Salzvorkommen des Rosensalzes unterhalb eines Vulkangesteins in den bolivianischen Anden liegt, von wo Eisenoxid und andere Mineralstoffe in das Salz gelangen, so wird dort ein (geschmacklicher) Schuh draus.

Dass Bittergeschmacksrezeptoren auf Magnesiumchlorid reagieren, könnte dagegen erklären, warum ich eine leicht herbe geschmackliche Note bei einem Pyramidensalz aus Indien schmecke. Denn dieses Salz beinhaltet in der Tat nachweisbare Magnesiumchloridanteile. 

Es ist aber außer Frage für mich, dass die geschmacklichen Unterschiede fein sind. Sie kommen vor allem beim puren Verkosten bzw. beim bewussten Würzen einzelner Komponenten wie z.B. bei Pellkatoffeln, einem Steak oder einem Fischfilet zur Geltung. Beim Einsatz in eher komplexen Gerichten sind sie nicht genau nachvollziehbar. Trotzdem haben sie aus meiner Sicht Berechtigung, denn es braucht es einzelne stimmige Komponenten bzw. die richtigen Zutaten, um aus einem Gericht ein außergewöhnlich leckeres Gericht zu machen.  

 

Unterschiedliche Konsistenzen 

Einen unbestrittenen Einfluss auf unsere Geschmackswahrnehmung von Salz hat die Konsistenz des Minerals. 

Je feiner das Salz ist, desto intensiver wird es wahrgenommen. Es liegt daran, dass fein gemahlenes Salz eine größere Oberfläche hat und mehr Natriumchloridmoleküle gleichzeitig auf unsere Salzgeschmacksrezeptoren auf der Zunge treffen. Die Rezeptoren werden somit simultan aktiviert und rufen gemeinsam im großen Chor: "salzig!" 

Bei gröberem Salz muss unser Speichel nach und nach das Salz auflösen und somit werden weniger Geschmacksrezeptoren gleichzeitig angesprochen. Der Salzeindruck ist somit milder. 

Ein weiterer Unterschied liegt in der Oberflächenbeschaffenheit. Viele Menschen lieben die knusprige Textur eines Fleur de Sel. Das Knacken und Knuspern im Mund signalisiert unserem Gehirn, dass wir etwas Leckeres zu uns nehmen. (eine knusprige Kruste im Brot ist viel appetitlicher als eine labbrige. Oder stellt Euch Kartoffelchips vor, die nicht knuspern...)

Last but not least beinflussen nicht nur die Konsistenz bzw. die Textur, sondern auch das Aussehen unser Geschmackserlebnis. Besonders schön gefärbte Natursalze können die Lust auf ein spezielles Gericht und somit den Genuss ebenfalls steigern. 

 

Der Geschmack raffinierter Salze 

Besondere geschmackliche Färbungen erhalten die Natursalze also vor allem durch die enthaltenen Mineralien und die z.T. sehr besonderen Konsistenzen und Farben. All das findet man nicht bei einem raffinierten Salz, das aus 100% Natriumchlorid besteht. 

Erstaunlicherweise schmeckt raffiniertes Salz aber nicht etwa milder und reiner, sondern eher spitz und leicht brennend. Was dafür spricht, zu einem wirklich guten, nicht-industriellen Salz zu greifen. 

  

In diesem Sinne, bleibt neugierig

Jörn Gutowski
Gründer, TRY FOODS