Wie schmeckt Wermut?

Klassischer Vermouh Drink

Wermut erlebt gerade ein Revival. Besonders faszinierend ist der komplexe Geschmack bzw. die Aromatik des mit Kräutern versetzten und aufgespriteten Weins. (Wenn ihr mehr wissen wollt, was Wermut überhaupt ist, lest meinen Artikel dazu.)

Der Geschmack und die Aromatik von Wermut ist das Resultat des Zusammenspiels der vier Zutaten(gruppen): Wein, Botanicals (vor allem Wermutkraut), hochprozentigem Alkohol und einem Süßungsmittel (meist Zucker, aber auch Traubensaft). Ich werde hier versuchen, das komplexe Aromen- und Geschmacksprofil etwas aufzudröseln. 

 

Der Geschmack von Wermut

Im Mund ist Wermut ein interessantes geschmackliches Zusammenspiel aus Säure, Süße, Bitterkeit, Trockenheit (bzw. Adstringenz, was streng genommen zwar kein Geschmack ist, aber trotzdem im Munde wahrgenommen wird) und sogar ein bisschen Umami (Herzhaftes). Wenn Ihr Wermut trinkt, haltet mal die Nase zu, so könnt ihr euch komplett darauf konzentrieren, welche der fünf Richtungen (sauer, süß, bitter, trocken) bei eurem Wermut dominieren, bzw. welches Tänzchen die vier gemeinsam im Mund vollziehen.

Die Ausprägung des Geschmacks wird vom Ausgangswein (Rebsorte, Restzucker, Säure etc.), von der Auswahl der verwendeten Botanicals (Wermutkraut bzw. andere Kräuter, Rinden, Wurzeln, Früchte etc.) und der Auswahl und der Menge des Süßungsmittels gesteuert. 

  • Süße entsteht durch den Einsatz von lieblichem Wein, von Zucker (oder anderen Süßungsmitteln wie Traubenmost) und bestimmten Wurzeln & Kräutern (Süßholz, Anis etc.). 
  • Säure entsteht durch Wein mit deutlicher Säure und den Einsatz von Zitrusfrüchten (bzw. der Schalen).
  • Bitterkeit ensteht vor allem durch das bittere Wermutkraut und/oder anderen bitteren Kräutern/Wurzeln wie z.B. Enzian. 
  • Trockenheit ensteht durch tanninhaltigen Wein und durch den Einsatz bestimmter Wurzeln (z.B. Angelikawurzel).
  • Umami (herzhaft): Das Wermutkraut hat auch leichte herzhafte Noten.

 

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Die Aromatik vom Wermut

Wenn ihr dann die Nase öffnet, ziehen die ganzen Aromen, die im Wermut sind, in die Nase. Ich habe dieses Spielchen gerade mit zwei klassischen italienischen Wermutsorten ausprobiert: mit einem Antica Formula und einem Punt es Mes. Wow - wie unterschiedlich die Aromen sind! Der Markenname Antica Formula klingt nicht nur ein bisschen wie Medizin, sondern auch die Aromatik geht in Richtung Hustensaft. Punt es Mes ist dagegen fruchtig (Blutorange) und hat Noten von Kaffee. 

Auch Aromatik wird von den unterschiedlichen Zutaten im Wermut bestimmt. An erster Stelle steht natürlich der Wein. Während lange Zeit in den günstigen Wermutsorten möglichst billiger Wein genommen wurde, der dann möglicht mit Zucker und dem Einsatz der Kräuter überdeckt werden sollte, gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Wermutproduzenten, die auf den Einsatz von guten Weinen achten und die Aromatik des Weines im Wermut zeigen. 

Neben dem Wein sind auch die eingesetzten Botanicals für die Aromatik bestimmend. Hier kann der Produzent steuern, in welche aromatische Richtung es gehen soll. Dieses große Spielfeld teilt sich Wermut mit Gin und macht beide so spannend und zu aromatischen Brüdern. Damit ein Wermut in Europa überhaupt Wermut heißen darf, muss Wermutkraut verwendet werden, welches dem Getränk auch seinen stilgebende Aromatik verleiht.

 

Wermutkraut: der geschmacklich-aromatische Kern

Auch wenn Wermut sehr unterschiedlich schmecken kann, so sorgt das Wermutkraut (Artemisia) für den geschmacklich-aromatischen Kern. Wermutkraut schmeckt bitter und leicht herzhaft. Es besitzt dazu Noten von Gras, Salbei, Minze, Anissamen und Orange. Um diesen Kern herum baut sich die Aromatik des Getränks auf. Und die aromatische Bandbreite ist groß: Wermut kann würzig, blumig, fruchtig, erdig, kräutrig, grasig schmecken. 

 

 

Was macht der zugesetzte Alkohol geschmacklich?

Wie oben erwähnt, ist Wermut ein aufgespriteter Wein, was bedeutet, dass ein starker Alkohol zum Wein hinzugefügt wird. Dieser ist normalerweise ein geschmacklich neutraler Alkohol. Er sorgt aber dafür, dass Wermut insgesamt aromatischer wird, denn Alkohol ist ein Geschmacksverstärker. Zudem wird der Alkohol genutzt, um die Aromen aus den Botanicals zu gewinnen, in dem man die Kräuter, Wurzeln, Fruchtschalen etc. in ihm einlegt (mazeriert). Zuletzt sorgt der zusätzliche Alkohol dafür, dass Wermut stabiler als Wein wird. Man kann ihn auch angebrochen (am besten im Kühlschrank) über längere Zeit aufbewahren, ohne dass sich Geschmack und Aroma stark darunter leiden.

 

Selbst die Süßungsmittel steuern zur Aromatik bei

Die Entscheidung, welches Süßungsmittel eingesetzt wird, beeinflusst neben dem Süßegrad auch die Aromatik. So wird nämlich bei den allermeisten roten Wermutsorten nicht etwa Rotwein als Basis genommen, sondern Weißwein wird mit karamellisiertem Zucker und den Botanicals gemischt. Deshalb sieht roter Wermut auch eher rostbraun als tiefrot aus. Der karamellisierte Zucker bringt neben Süße auch Röstnoten (wie Kaffee, Malz etc.) in den Wermut. Entscheidet sich der Produzent für den Einsatz von konzentrierten Traubenmost als Süßungsmittel bringt dies wiederum eine andere Aromatik in den Wermut. 

 

Wie ihr seht, Wermut lädt geradezu zu Geschmacksabenteuern ein. Schon allein beim Purverkosten kann man viel entdecken und wenn man bedenkt, wie wunderbar Wermut mit Gin und anderen Spirituosen oder auch nichtalkoholischen Mixern wie Tonic harmoniert, so eröffnet sich eine riesige Geschmackswelt, die erobert werden will. Wer mal einen Cocktail mit Wermut mixen möchte, wird hier fündig.

 

In diesem Sinne bleibt neugierig!

Euer
Jörn
Gründer, TRY FOODS