Eine genussvolle Schokoladen-Tour in die Schweiz

Schokolade probieren bei Felchlin (Foto Ole Schwarz)

Grand Cru, langer Abgang, Noten von roten Früchten und Gewürzen... Wer denkt bei dieser Aufzählung nicht an eine Weinverkostung?

Allerdings treffen diese Begriffe genauso auf ein anderes Genussmittel zu: Schokolade. Genau dies kann ich bei meinem Besuch des Schokoladenherstellers Felchlin in der Schweiz feststellen.

Es ist ein wunderschöner sonniger Morgen im beschaulichen Schwyz in der Innerschweiz; eigentlich viel zu mild für Mitte Februar. Als mein Fotograf Ole Schwarz und ich aus dem Auto steigen, werden wir zuerst von einem intensiven Schokoladengeruch und dann von Sepp Schönbächler begrüßt. Mit einem freundlichen Lächeln sagt er: „Hallo, ich bin der Sepp. Schön, dass Ihr bei uns seid.“ Sepp Schönbächler ist als Entwicklungschef maßgeblich verantwortlich für die wunderbaren Grand Cru Schokoladen aus dem Hause Felchlin. Er ist mit Leib und Seele Schokoladenhersteller. Sein geballtes Wissen und seine Leidenschaft machen diesen Tag zu einem wahren Genusserlebnis für uns.

 

Felchlin - kaum bekannte Spitzenschokoladen

Felchlin ist dem normalen Konsumenten kaum ein Begriff, da die Firma ausschließlich für die Gastronomie, Patisserien und andere Chocolatiers arbeitet und keine eigenen Produkte im Einzelhandel vertreibt.

Ich bin fast zeitgleich von verschiedenen Seiten auf Felchlin aufmerksam gemacht worden. Zum Einen hat mir Anna Plagens, Chefin der Patisserie Du Bonheur in Berlin Felchlin ans Herz gelegt. Zum Anderen habe ich über persönliche Kontakte Franz Ziegler, einen weltbekannten Patissier und Buchautor kennengelernt, der u.a. für Felchlin seit vielen Jahren beratend tätig ist.

 

Sack mit Kakaobohnen (Foto Ole Schwarz)

Pioinier für Grand Cru Schokoladen

Felchlin ist einer der Vorreiter in Sachen „Grand Cru“ oder „single origin“ Schokoladen. Neben einigen anderen Produzenten (hauptsächlich aus Frankreich und Italien) hat Felchlin in den 90er Jahren damit begonnen, sogenannte Edelkakaos aus ganz bestimmten Lagen (speziellen Anbaugebieten) in die Schweiz zu importieren und in sehr aufwendigen und genauen Arbeitsschritten zu extrem feiner Schokolade zu verarbeiten.

Sepp Schönbächler erzählt mir, dass er anfangs von Kunden im Milchschokoladen-Land Schweiz komisch angeschaut wurde, als er diese Grand Cru Schokoladen primär als Bittervarianten ohne Milch angeboten hat. Diese Skepsis hat sich aber recht schnell gelegt, denn die Qualität der Schokoladen weiß wirklich zu überzeugen. Die Bitterschokoladen von Felchlin, die meist zwischen 60-65% liegen, haben nichts mit der üblichen unangenehm säuerlichen und adstringenten Schokolade zu tun, die als Bitterschokolade im Supermarkt verkauft wird. Kein Wunder dass Felchlin heute der einzige Schweizer Schokoladenhersteller ist, der mehr Bitter- als Milchschokolade verkauft.

 

Schokoladenproduktion bei Felchlin (Foto Ole Schwarz)

Die Schokoladenproduktion: Eine komplexe Angelegenheit

Herr Schönbächler nimmt sich fast den kompletten Tag Zeit, um mich in die Welt der Felch-Schokoladen einzuweihen. Im Mittelpunkt des Tages steht das Kennenlernen der verschiedenen Produktionsschritte, die aus der Kakaobohne, die in großen Säcken bei Fechlin ankommt, Schokolade machen.

Der erste wichtige Schritt der Schokoladenproduktion passiert bereits im Ursprung. Hier werden nach dem Ernten die Kakaobohnen aus der Frucht entfernt und fermentiert. Bei Felchlin passiert dies ausschließlich in Holzkisten, die mit Bananenblätter ausgelegt werden. Mitarbeiter der Firma reisen regelmäßig in die Ursprungsregionen, um sich von der Qualität des Anbaus und der Fermentation zu überzeugen. Zudem kauft Felchlin, wo immer es möglich ist, direkt von den Bauern bzw. der Kooperativen ein. So erhalten die Bauern faire Preise für ihre harte Arbeit.

In Schwyz angekommen werden die Bohnen gesäubert, dann geröstet, zerkleinert mit den weiteren Zutaten vermischt (bei Bitterschokolade nur Zucker; ansonsten auch Milchpulver und ein wenig Vanille), wieder zerkleinert, bevor es zum Abschluss in die Conche geht (französisch für „Muschel“. Die traditionellen Conchen haben nämlich die Form einer Muschel und lassen die flüssige Schokolade wie Wellen hin- und herschwappen). Das Conchierverfahren erwärmt und rührt die Schokomasse über einen langen Zeitraum, bei den Bitterschokoladen von Felchlin bis zu 72 Stunden. 

Sepp beschreibt das Conchieren als „das Vermählen“ der Aromen, die bei der Fermentation und der Röstung entstehen. Ein guter Chocolatier versteht, wie er am besten die fruchtigen Noten, die bei der Fermentation in die Kakaobohne ziehen mit den Röstaromen kombinieren kann, um ein optimale Balance und eine ausgewogene Schokolade zu er erhalten.

 

Schokoladen-Verkostung

Zum Abschluss probieren wir uns durch die verschiedenen Schokoladen. Mit Sepp Schönbächler ist Schokoladenessen eine wahre Entschleunigung. Nicht umsonst sagt er, dass die Felchlin keine eine "Kopfschokolade" sei. Es geht nicht darum, sich nebenbei mit Schokolade den Bauch vollzuschlagen, sondern sie bewusst zu kosten. Der gewiefte Experte geht dabei wie folgt vor:

  • Der Geruch: Man kann die Schokolade leicht reiben und unter die Nase halten, um die Aromen aufzunehmen.
  • Der Bruch: Die Schokolade zerbeißen und dabei auf den sogenannten „Bruch“ achten. Also, wie zerbricht die Schokolade im Mund? Ist es ein sauberes Knacken oder zerfleddert die Schokolade?
  • Der Geschmack: Die Schokolade im Mund richtig auflösen lassen, bewusst durch den Mund ein- und durch die Nase ausatmen, sodass die Aromen spürbar sind.
  • Der Abgang: Gute Schokoladen haben einen sehr langen und angenehmen Nachgeschmack.

Ich muss zugeben, dass ich bis vor kurzem Schokolade auch nur blind gegessen habe und ich mich wirklich konzentrieren muss, Schokolade bewusst wahrzunehmen. Wenn man dies aber tut, steigert es das Genusserlebnis bei guten Schokoladen ungemein. So verkosten wir u.a. eine fruchtige Schokolade aus Ecuador (Arriba Nacional), eine ungemein harmonische aus Bolivien (aus Wildkakao) und eine an Torf- und Tabaknoten (wie im Whisky) erinnernde Schokolade aus Java.

Diese unterschiedlichen Geschmacksprofile faszinieren mich! Eigentlich haben die Schokoladen absolut die gleichen Inhaltsstoffe und sogar fast genau den gleichen Kakaoanteil. Die Unterschiede liegen somit nur im unterschiedlichen Rohkakao und die leicht unterschiedliche Verarbeitung durch die Experten bei Felchlin.

Die Vielfalt an Aromen von fünf Grand Cru Schokoladen könnt ihr im TRY Schokolade Probierset selbst erfahren. Neben den drei oben genannten Schokoladen kommen noch dunke Schokoladen aus der Dominikanischen Republik und Venezuela hinzu. Alle fünf haben Kakaoanteile zwischen 64% - 74%.

Ich habe mich bewusst hierfür entschieden und keine Milchschokoladen genommen, da man meiner Meinung am besten die verschiedenen Edelkakaosorten schmecken und vergleichen kann. Also, macht euch auch auf eine Entdeckungsreise in die Welt guter Schokoladen.

In diesem Sinne, bleibt neugierig! 

Euer
Jörn Gutowski
Gründer, TRY FOODS