Biersorten unterscheiden

 weltweite Bierstile

 

Die Welt der Biere ist komplex: Es gibt Tausende verschiedener Bieren, die wiederum in weit über 100 verschiedenen Biersorten unterteilt werden können. In diesem Artikel möchte ich euch ein wenig näherbringen, welche Sorten es gibt und wie man sie unterscheiden kann. 

 

Was ist eine Biersorte (Bierstil)?

Fangen wir mal mit den drei bekanntesten und beliebtesten Biersorten (Bierstile) in Deutschland an, die jede*r kennt: Pils, Weizen, Helles. Dazu gibt es dann eine ganze Reihe weitere Biersorten (auch Bierstile) genannt, die sehr oft regional verankert sind wie: Bock, Alt, Kölsch, Schwarzbier, Märzen und viele mehr. Aber nicht nur in Deutschland gibt es eigene Bierstile, sondern in vielen Ländern. Besonders traditionelle Bierbraunationen wie z.B. Belgien haben über die Jahrhunderte viele eigene Biersorten entwickelt. Einige alte Biersorten sind zwischenzeitlich in der Versenkung verschwunden und wurden erst in den letzten Jahren dank der internationalen Craft Bier Bewegung wieder wachgeküsst. Gleichzeitig sind auch neue bzw. hybride Bierstile entwickelt worden. 

National und international gibt es verschiedene Stellen, die eigene Guidelines für die Festlegung von Biersorten haben. Bei meiner Recherche bin ich auf die Brewer Association aufmerksam geworden, die eine jährliche Liste von über 100 Bierstilen listet. Der Verband erklärt sehr transparent, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sie einen Bierstil aufnehmen.  Neben einer erkennbar eigenen Stilistik spielt auch die Historie eine Rolle, denn erst wenn sich ein Bierstil über Jahre etabliert hat, wird er auch aufgenommen. In der Liste wird jede einzelne Biersorte anhand ihrer eigenen Charakteristika (wie Alkoholgehalt, Farbe, Bittereinheiten, Stamwürze, Sensorik, Brauverfahren usw.) erklärt. Ein sehr empfehlenswertes Nachschlagwerk, wenn ihr mehr über Bierstile erfahren wollt. 

 

Die beiden Hauptsorten: Untergärige und obergärige Biere 

Die Brewers Association und die meisten anderen Quellen teilen Biersorten in zwei Hauptkategorien ein: in untergärige und obergärige Biere. Wie ein Bier gärt, ist abhängig von der benutzten Hefe. Bei obergärigen Bieren schwimmt die Hefe an der Oberfläche, während sie bei untergärigen am Boden ihre Arbeit vollbringt. Also nicht das eingesetzte Getreide oder der Malzgrad ist das hauptsächliche Kriterium für die Unterscheidung, sondern die eingesetzte Hefe. Diese wandelt nämlich nicht nur Zucker in Alkohol und CO2 um, sondern ist zu einem großen Maß entscheidend für die Geschmacksentwicklung im Bier. 

 

 

Ales: die obergärigen Biere

Bierstile: verschiedene Ales (obergärige Biere)

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Die ältesten Biere, die die Menschen getrunken haben, waren mit größter Wahrscheinlichkeit obergärige Biere. Auf Englisch fasst man diese Biere unter dem Sammelbegriff "Ale" zusammen. Bei diesen arbeiten die Hefekulturen bei Zimmertemperatur (15-20 Grad). Lange Zeit kannten die Menschen die kleinen Helferchen gar nicht und verstanden nicht, wie alkoholische Gärung funktioniert. Da Hefebakterien überall vorkommen, setzten sich die in der Brauerei heimischen Kulturen einfach auf den Brausud, vermehrten sich dort und sorgten für die obergärige Fermentation. 

Die meisten obergärigen Biere werden geschmacklich deutlich von der Hefe gesteuert. In Deutschland gehören zu den bekanntesten obergärigen Bieren die Weißbiere, deren fruchtige (oft an Banane erinnernden) und würzigen (Nelke, Muskat) Noten aus dem Stoffwechsel der obergärigen Hefen stammen. Alt und Kölsch sind zwei weitere bekannte deutsche obergärige Biere.

International sind besonders die Belgier die Könige obergäriger Biere. Hier gibt es eine große Vielfalt vom sauer-fruchtigen Lambic (ähnlich der Berliner Weiße) bis hin zum malzig-süßen, alkoholischen Dubbel. Auch in England findet man eine große Bandbreite traditioneller obergäriger Ales von Pale (= bleich) Ale bis hin zun den dunklen Porter und Stout. Bei letzteren sorgen die stark gerösteten Malze neben der Hefe für den typischen Geschmack.

Die Pale Ales und insbesondere die India Pale Ales (IPAs) sind in der Craft-Bier-Szene zu weltweiter Popularität gekommen. Diese Biere werden neben der Hefe vor allem durch den Einsatz von Aromahopfen dominiert. Besonders in den USA sind in den letzten 20-30 Jahren viele neue Bierstile innerhalb dieser Kategorie entstanden. 

 

Lager: die untergärigen Biere

Grafik in der Detailansicht

Wenn man sich die meistkonsumierten Bierstile in Deutschland anschaut, so dominieren untergärige Biere, allen voran das Pils. Die ursprünglich in der tschechischen Stadt Pilsen gebraute Biersorte startete Mitte des 19. Jahrhunderts seinen internationalen Siegeszug. Besonders deutsche Biertrinkerinnen und Trinker waren schnell von dem goldgelb glitzernden Bier mit seinem sauberen, klaren Geschmack begeistert. 

Im 19. Jahrhundert gab es aber bereits andere untergärige Biere (auf Englisch als "Lager" bezeichnet) in Deutschland. Neben dem aus dem norddeutschen Einbeck stammenden Bockbier und dem bayerischem Märzen wurden verschiedene untergärige Biere gebraut, die man früher (vor Erfindung von Kühlmaschinen) allerdings ausschließlich im Winter brauen konnte. Die untergärigen Hefekulturen arbeiten nämlich nur bei vier bis neun Grad Celsius. So hat das "Märzen" seinen Namen vom Monat März. Mit diesem bezeichnete man das letzte im Winter gebraute untergärige Bier. Der Vorteil untergäriger Biere ist die längere Haltbarkeit und viele Biertrinker mögen den schlanken Geschmack. 

Während obergärige Hefen fruchtig-würzige Noten besitzen, die manchmal ganz schön "wild" (oder funky) schmecken können, entwickeln untergärige Hefen kaum Aromen. Die "Lager" Biere werden also ausschließlich geschmacklich vom Malz und vom Hopfen gesteuert. 

Der Bierexperte Markus Raupach erklärte mir anhand eines sehr bildlichen Vergleichs während meines Podcasts zum Thema Geschmack von Bier den Unterschied in der Geschmacksentwicklung wie folgt: "Wenn sich ein menschlicher Körper bei Wärme bewegt, so entstehen Düfte, während wir bei Kühle kaum Körpergeruch entwickeln."

 

Auf den Grafiken könnt ich verfolgen, wie sich die einzelnen Biersorten unterhalb der Hauptkategorien "Ale" und "Lager" untergliedern. Die jeweiligen Farben der Kreise geben an, welche Zutat(en) - also Malz, Hefe, Hopfen - hauptverantwortlich für die Geschmacksentwicklung sind. 

Falls ihr besser verstehen wollt, wie der Geschmack beim Brauen entsteht, empfehle ich euch meinen Artikel: Wie wird Bier gebraut?

Und wer von euch Lust hat, verschiedene Biersorten in einer Blindverkostung kennenzulernen, dem kann ich mein TRY Bier Set ans Herz legen. 

 

In diesem Sinne bleibt neugierig!

Euer
Jörn Gutowski (Gründer, TRY FOODS)