Wie entsteht Geschmack im Kaffee?

Kaffeetasse

Auch wenn Kaffee und insbesondere der Geschmack bzw. die Aromen im Kaffee noch nicht 100% erforscht sind, so lässt sich doch mit ziemlich großer Sicherheit sagen, dass der Geschmack im Kaffee auf drei hauptsächliche Faktoren zurückzuführen ist: 1. Die Aromen, die in der Kaffeefrucht stecken, 2. die Aromen, die während der Aufbereitung des Kaffees entstehen und 3. die Aromen, die während der Röstung zum Leben erweckt werden. 

 

 Kaffeefrucht oder Kaffeekirschen am Baum

1. Aromen, die in der Kaffeefrucht stecken:

Die erste wichtige Erkenntnis, wenn man sich mit der Aomatik von Kaffee beschäftigt, ist, dass Kaffee eine Frucht ist. Diese auf den ersten Blick banale Aussage blieb mir im Kopf, als ich begann mich mit dem Thema Kaffee zu beschäftigen. Denn ich dachte beim Genuss einer Tasse Kaffee vorher nie daran, dass ich ein Fruchtprodukt trinke. Das lag vor allem daran, dass ich bei industriell gerösteten Kaffees nie Fruchtnoten feststellen konnte. Erst während der Recherche für mein TRY Kaffee Set habe ich Kaffees von Spezialitätenröstern probiert, die die vielfältigen fruchtigen Charakteristika der Kaffeekirsche in der Tasse zum Leben zu erwecken. 

Denn erst wenn die Kaffeekirsche sorgfältig angebaut und reif geerntet wird, bekommt man aromatische Früchte, die Teile ihres Geschmacks an ihren Kern (die zwei Kaffeebohnen) abgeben können. Für den sorgfältigen Anbau ist es entscheidend, den Kaffee nachhaltig in Mischkulturen und in einer gewissen Höhe (Stichworrt Hochlandkaffee) anzubauen. Durch den geringeren Sauerrstoffgehalt ab ca. 1.200-1.500 Meter wächst die Kirsche langsamer und hat dadurch mehr Zeit sich mit Aromen anzureichern.

Auch die Sorte der Kaffeepflanze spielt eine Rolle. So hat vor allem die Sorte Arabica (und deren viele Subvarietäten wie Bourbon, Geisha, Caturra usw.) das größte Potenzial an fruchtigen Aromen, während die Sorte Robusta eher für holzig-erdigen Geschmack sorgt. 

Last but not least spielt auch die Anbauregion eine große Rolle, da auch Klima und Böden Einfluss auf den Geschmack der Kaffeekirsche und somit der Kaffeebohnen haben. 

Geschmack der Frucht im Kaffee: 

Lebendige Fruchtsäure, Zitrusnoten, Aromen von gelben Früchten wie Pfirsich oder auch roten Früchten wie Erdbeere, Johannisbeer oder Himbeere. Zudem auch gemüsige oder blumige Noten und bei Robusta auch erdige oder holzige Noten. 

 Die Aufbereitung und Trocknung von Kaffee

2. Aromen, die durch die Aufbereitung der Kaffeebohnen entstehen:

Nach der Ernte durchlaufen die Kaffeebohnen eine aufwendige Aufbereitung. Dabei gibt es drei Hauptverfahren, wie der Kern, der aus zwei Teilen (die Bohnen) besteht, aus der Kirsche gelangt, gereinigt und getrocknet wird. Jedes dieser Verfahren sorgt für eine unterschiedliche Aromatik im Kaffee. 

Trockene Aufbereitung („natural“)

Die ganze Kaffeekirsche wird zum Trocknen in die Sonne gelegt und regelmäßig gewendet, damit sie nicht zu schimmeln beginnt. Später, wenn sie getrocknet ist, wird das Fruchtfleisch – meist mit einer Maschine – vom Kern getrennt.

Geschmack: Der Kaffee erhält dadurch sehr fruchtig-reife und intensive Noten, die oft an Trockenobst (wie Rosinen) erinnern. So erinnert mich der Geschmack des trocken aufbereiteten COMBRIFOL Kaffees aus Honduras an Rittersport Rum. 

 

Nasse Aufbereitung („washed“)

Die Kerne werden nach einer ersten Säuberung und Sortierung aus der Kirsche genommen und grob vom Fruchtfleisch befreit. Der Kern wird in ein Wasserbecken gelegt und fermentiert. Nach der Fermentierung werden die Kaffeebohnen nochmals mit viel Wasser gewaschen, so dass ein Teil des Fruchtzuckers herausgewaschen wird. Erst dann werden die Bohnen zum Trocknen ausgelegt.

Geschmack: Der Kaffee schmeckt so feiner ("sauberer") und weniger intensiv als bei einer trockenen Aufbereitung.


Halbtrockene Aufbereitung („semi-washed“)

Bei dieser Aufbereitung wird die Bohne wie bei der Nassaufbereitung grob vom Fruchtfleisch getrennt, aber dann nicht in ein Wasserbecken, sondern zum Trocknen ins Freie gelegt. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze, wie viel Fruchtfleisch am Kern bleibt.

Geschmack: Nicht überraschend liegt der Geschmack der halbtrockenen Aufbereitung zwischen der nassen und der trockenen Aufbereitung.

 

Kaffee rösten

3. Aromen, die durch die Röstung entstehen:

Die Röstung ist der wichtigste Geschmackstreiber und Aromenentwickler im Kaffee. So sagte mir ein Kaffeeexperte, dass man vor der Röstung Kaffee nur an Hand eines guten Dutzend Parameter sensorisch bewerten kann. Danach ergeben sich hunderte von Parametern, die man analysieren kann. Die meisten positiven und negativen geschmacklichen Auswirkungen in der Tasse hängen also von der Röstung ab! 

Besonders wichtig bei der Röstung ist die sogenannte Maillard-Reaktion, bei der durch Hitzezufuhr Zucker und Proteine umgewandelt werden. Ganz vereinfacht gesagt, erhält man unzählige Röstaromen, die man auch von Fleisch oder Brot kennt. 

Der Röster kann durch die Hitze und die Länge des Röstvorgangs steuern, wie dunkel die Kaffeebohnen werden und damit wie stark die Röstaromen sind, bzw. wie stark Noten wie z.B. Fruchtsäure herausgeröstet werden. Wie mir ein Röster mal sagte: "Je länger man verschiedene Kaffees röstet, desto mehr schmeckt man nur noch die Röstung. Und verbrannt schmecken alle Kaffeebohnen gleich." Im Umkehrschluss bedeutet es auch, dass die Aromen, die in der Bohne bereits angelegt sind, bei langer Röstung verschwinden bzw. von den Röstaromen überdeckt werden. 

Geschmack der Röstung im Kaffee: Die Röstung sorgt zum einen für die während der Hitzezufuhr entstehenden Aromen von Schokolade, Karamell, Malz, Bitternoten und anderen Röstnoten. Die Röstung erweckt aber auch andere Aromen, die in der Bohne schlummern (vom Anbau und Aufbereitung) zum Leben und schafft die geschmackliche Gesamtkomposition des Kaffees.

 

Und nun? Wie finde ich den Kaffee, der mir schmeckt?

Die Frage ist berechtigt: Wie kann ich nun Kaffees besser bestimmen und finden, die mir schmecken? 

1. Finde heraus, was Dir schmeckt? 

Vielleicht weißt Du schon ziemlich genau, welche Art von Kaffee Dir am besten schmeckt. Falls nicht, solltest Du Dich bewusst durch verschiedene Kaffees probieren, um zu erkennen, welche Kaffeearomen dir am meisten zusagen, bzw. diejenigen zu benennen, die Dir nicht liegen. Entweder kaufst du über einen längeren Zeitraum verschiedene Kaffeesorten ein oder du machst eine oder eine Kaffeeverkostung bei einem Spezialittenröster oder bestellst Dir das TRY Kaffee Set nach Hause. 

2. Finde vor dem Kauf heraus, wie der Kaffee schmeckt:

Wenn Du weißt, welche Aromen Du magst bzw. welche Du gern ausschließen möchtest, kannst Du beim Einkauf auf folgendes achten:

Herkunft: Auch wenn es bei der Herkunft nicht immer 100% zutrifft, so kann man tendenziell sagen:

  • Brasilien: mild und fein
  • Kolumbien: ausgeglichen und balanciert
  • Äthiopien: Frucht, florale Noten (Jasmin) und Tee
  • Kenya: frisch fruchtig
  • Indien & Indonesien: säurearm, erdig-schokoladig

Kaffeesorte: Wenn Robusta im Kaffee ist, wird er sehr kräftig (auch mehr Koffein als Arabica) mit holzig-erdigen Noten sein, beim Arabica kann Dich je nach Subvarietät, Herkunft und Aufbereitung ein breites Aromenspektrum treffen. 

Aufbereitung: Magst Du intensive und reife Fruchtnoten, greif zu einem "natural" bzw. trockenaufbereiteten Kaffee; bevorzugst du klarer, feine Noten, nimm einen "washed" bzw gewaschenen Kaffee. 

Röstung: Je dunkler die Röstung desto mehr Röstaromen. Magst Du es also besonders schokoladig/bitter/kräftig, nimm einen dunkler gerösteten Kaffee. Magst Du es fruchtig, greif zu helleren Röstungen.

Industriell geröstete Kaffees geben leider meist kaum Informationen über die oben genannten Punkte. Am besten gehst Du zu einem Fachhändler, aber auch Supermärkte haben immer mehr Kaffees von Spezialitätenröstereien, die die oben genannten Punkte auf Ihrer Verpackung angeben. 

Weitere Tipps und Insights: 

  • Je schlechter die Qualität der Bohne, desto länger und dunkler wird der Kaffee meist geröstet. 
  • Guten Kaffee bei einem Spezialitätenrröster ruhig mal heller geröstet probieren und sich von fruchtigen Noten überraschen lassen.  
  • Säure ist nicht gleich Säure: Bei hochwertigen Kaffees, die hell geröstet werden, kann man oft eine lebendige Fruchtsäure schmecken, die anders als die Säure schmeckt, die den Magen angreift und die entsteht, wenn  minderwertige Kaffees zu kurz geröstet werden oder wenn der Kaffee zu lange erhitzt wird (z.B. auf einer Wärmeplatte bei einer Kaffeemaschine).
  • Kaffee richtig schmecken kann man erst bei weniger als 65 Grad. Also, den Kaffee nach der Zubereitung einige Minuten abkühlen lassen. 

 

In diesem Sinne bleibt neugierig!

Euer
Jörn Gutowski
Gründer, TRY FOODS