Kritik am Olivenöl Test von Stiftung Warentest

Olivenöl ist dank Stiftung Warentest (test 2/2016) mal wieder in aller Munde und leider mal wieder mit einem fahlen Beigeschmack.

Stiftung Warentest, der heilige Gralshüter für Qualität in Deutschland, hat getestet und gesprochen: "Jedes zweite Olivenöl extra nativ ist mangelhaft!" Also, dort wo eigentlich die höchste Güteklasse drin sein soll (extra nativ), wird betrogen und gelogen. 

Wenn ich mir den Test aus Verbrauchersicht anschaue und sehe, dass Olivenöle aller Preisklassen (von 5-40 Euro) durchgefallen sind, dann komme ich doch zum Schluss, dass es völlig egal ist, wie viel ich ausgebe und was ich kaufe, da ich ja sowieso betrogen werde. Das Fazit: Olivenöl ist ein dreckiges Geschäft. Und gerade das teuerste Olivenöl zeigt es: Es steht nämlich an letzter Stelle im Ranking!

Keine Frage, in Olivenöl-Geschäft wird in der Tat gemauschelt und gepantscht, gelogen und betrogen. Allerdings muss man sich den Test genauer anschauen, um besser zu verstehen, wie die Tester von Stiftung Warentest vorgegangen sind!


Hoffnung auf ausgewogenen Test

Zuerst war die Freude groß, als Stiftung Warentest zum ersten Mal nicht nur Olivenöle aus dem Supermarkt (sprich: Olivenöle großer Marken aus industriellen Herstellung), sondern auch Öle von Manufakturen aus handwerklicher Herstellung. Die Hoffnung vieler Olivenöl-Experten war da, dass damit deutlich gezeigt werden könne, wie groß die Unterschiede zwischen Olivenölen, die alle laut dem Etikett die Güteklasse extra nativ besitzen, sind.

Kritik von Olivenöl-Experten an der Bewertung

Als die Testergebnisse kamen, erschütterte es viele Experten in der Szene. (Hier ist zum Beispiel eine Stellungsnahme von Merums Chefredakteur Andreas März: Stimmungsmache gegen Olivenöl.) Die Kritik richtet sich besonders an die von Stiftung Warentest benutzten Bewertungskriterien. Die Tester haben nämlich einen neuen üblen Feind entdeckt und sich auf ihn geworfen: Mineralölrückstände (Kohlenwasserstoffe). Und hier geht es den Testern insbesondere um gesättigte (MOSH) und aromatischen (MOAH) Kohlenwasserstoffen, von denen einer nachgewiesen und der andere gegebenenfalls krebserregend ist.

Das Problem mit diesen Stoffen ist, dass sie kaum wissenschaftlich erforscht sind. Sie sind nicht Teil der sehr aufwendigen offiziellen chemischen Analyse zur Feststellung der Qualitätsstufe eines Olivenöls und es gibt keine gesetzlichen Höchstgrenzen für diese Stoffe im Olivenöl oder anderen Lebensmitteln.

Es ist also sehr fraglich, warum sich Stiftung Warentest so auf diese Stoffe fokussiert. Das teuerste Olivenöl im Test, das auf den letzten Platz kam, wurde sensorisch als sehr gut bewertet (das beste im Test!). Es wurde nur aufgrund des Nachweises auf Rückstände eines der Kohlenwasserstoffe im Öl und aufgrund der Tatsache, dass nicht alle vorgeschriebenen Beschreibung auf Deutsch auf dem Etikett standen, von einem der ersten Plätze auf den letzten Platz degradiert. Ein Alptraum für den Produzenten. Dieser lässt sogar freiwillig (!) seine Olivenöle vor dem Verkauf testen und in der offiziellen Analyse wurde nichts beanstandet.

Aus meiner Sicht kann man als Stiftung Warentest sehr wohl die Frage aufwerfen, ob die Wissenschaft (durch Froschung) und im zweiten Schritt die Politik (durch gesetzliche Höchstgrenzen) mehr im Bereich der Kohlenwasserstoffe in Lebensmitteln machen sollte. Es ist aber falsch, diese als Bewertungskriterien zu benutzen und Produzenten und deren Olivenöle anhand dieser so wenig erforschten und verstandenden Stoffe abzukanzeln!

Für mich hinterlässt der Test einen sehr fahlen Beigeschmack. Ich habe das Gefühl, dass Stiftung Warentest zu sehr darauf aus ist, reißerische Überschriften zu finden, um ihre Zeitschriften zu verkaufen. Dieser Test ist nämlich nicht im Sinne der Verbraucher, da er nicht aufklärt, sondern eher Fragezeichen und Sorge hinterlässt. Er ist auch nicht im Sinne der Verbesserung der Qualität im Olivenöl, da undurchsichtige und fragliche Bewertungskriterien benutzt werden, an denen sich kein Produzent wirklich richten und halten kann.

 

Mein Fazit

Ich gebe zuallerst allen denen Recht, die seit einiger Zeit fordern, dass die Europäische Union die Deklaration von Olivenölen überdenken sollte. Denn die unterschiedlichen Klassifizierungen "Olivenöl extra nativ", "Olivenöl nativ" und "Olivenöl" sind de facto gescheitert. Eigentlich sollte die Verordnung Qualität von der mittelmäßigen und schlechten Masse trennen. Da aber keine obligatorische Prüfung der extra nativen Olivenöle stattfindet und die Bewertungskriterien über die Jahre so verändert und verwässert wurden, dass sie den großen industriellen Herstellern in die Hände spielen, hat die Verordnung versagt.

Schaut man heute in den Supermarkt, so sieht man dort fast ausschließlich extra natives Olivenöl, eigentlich die höchste Güteklasse, die besonderen Ölen vorbehalten sein sollte. Im Verkauf sind ca. 80% aller Olivenöle extra nativ; schaut man sich dagegen die Produktion an, so dürften eigentlich - mit viel Wohlwollen - nur 20-30% Olivenöle extra nativ genannt werden. 

Conrad Blöcke, der Gründer von arteFakt - die Olivenölkampagne, hat deshalb auch eine Petition aufgesetzt, die zur Abschaffung der Olivenölverordnung aufruft.

Man kann die Petition unterstützen und teilen. Es sind im Endeffekt aber Entscheidungen, die auf europäischer Ebene getroffen werden müssen. Und berechtigterweise bleibt die Frage zurück: wie kann ich mich als Konsument verhalten? Welches Olivenöl kaufe ich oder kaufe ich vielleicht gar keines mehr?

Mein Tipp an alle Verbraucher ist: Kaufen Sie Olivenöle extra nativ, die sich freiwillig offiziellen Tests unterziehen, die transparent über Herkunft und Produktion informieren und die Ihnen schmecken. Probieren (pur!) und vergleichen Sie unterschiedliche Olivenöle. Denn im Endeffekt setzt sich Qualität vor allem im Mund durch! Gutes Olivenöl ist einfach so unvergleichlich lecker, dass es sich lohnt, sich dafür auch ein bisschen anzustrengen!