Ein Jahr danach: Rückblick auf die Höhle der Löwen

Auch wenn die Anfänge der Erfahrung mit "Die Höhle der Löwen" bereits 1,5 Jahre her sind, ist weiterhin Vieles sehr präsent in meinem Kopf. Zum Start der neuen Staffel habe ich mich nun hingesetzt und meine Erinnerungen chronologisch aufgeschrieben. 

 

18.1.2016 - Die Zusage für die Aufnahne

Nachdem ich einen mehrstufigen Bewerbungsprozess für die Vox Fernsehshow "Die Höhle der Löwen" (kurz DHDL) durchlaufen bin, ruft die Produktionsfirma bei mir an, als ich auf einem Startup Event bin. Der Empfang ist schlecht, ich höre eine junge Frauenstimme, die sagt, dass TRY FOODS als Kandidat ausgesucht wurde! Auch wenn dies die Antwort ist, auf die ich seit Wochen warte, setzt keine Euphorie ein, sondern eher ein "holy shit" Gefühl. Ich überlege gleich, was alles zu tun ist, um die Aufzeichnung vorzubereiten. Mein Gegenüber scheint es zu merken, dass ich keine überschwengliche Freude zeige und fragt nach, ob ich dabei sein will? - „Na klar!“, gebe ich zurück.


15.2.2016 - Die Vorbereitungen für DHDL 

Ich stecke voll in den Vorbereitungen für die Aufzeichnung. Der Pitch (die ersten 3-Minuten der Präsentation) wird genauestens geplant und auswendig gelernt. Immer wieder ändere ich die Inhalte. Ich treffe mich mit Freunden und Bekannten, um die Präsentation zu üben und bitte alle, mir möglichst schwierige Fragen zu stellen. Parallel plane ich mit meinem Designer und der Produktionsfirma die Kulisse bzw. die Deko für meinen Auftritt im Studio. Langsam nimmt die Aufregung zu… Was ziehe ich für die Aufnahme an...? Welches Set sollen die Löwen probieren…?


1.3.2016 - Fahrt nach Köln

Am frühen Morgen hole ich den Mietwagen ab, lade ihn mit Dekomaterialien voll und fahre zur Behindertenwerkstatt, um ca. 50 Sets für die Kulisse mitzunehmen. Auf dem Weg nach Köln fahre ich bei dem Hersteller für Roll-ups im Ruhrgebiet vorbei, um drei bestellte Aufsteller für die Kulisse abzuholen. Erst im Auto fällt mir ein, dass es vielleicht keine gute Idee war, so knapp zu planen. Was mache ich, wenn die Roll-ups nicht fertig sind…? Zum Glück klappt alles. Dann geht es weiter in die Studios im Kölner Norden. Ich treffe die Set Designerin, lade alle Materialien aus und stelle sie hinter die Kulissen. So erhasche ich auch einen ersten Blick auf das Studio. Es wirkt komplett anders, als man es aus dem Fernsehen kennt.


2.3.2016 - Aufnahmetag

Nach einer kurzen Nacht bei einer Freundin in Düsseldorf geht es früh morgens wieder zurück nach Köln. Auf dem Weg kaufe ich noch schnell frisches Brot, Gurken, Tomaten und Butter. Ich habe mich entschieden, dass die Löwen Salz probieren sollen. Die Salze sind leicht zu präsentieren, visuell sehr schön und fast immer sind Leute positiv davon überrascht, wie unterschiedlich Salz schmecken kann.

Im Studio angekommen treffe ich nach und nach die anderen fünf Startups, die an diesem Tag aufgezeichnet werden. Es sind extrem unterschiedliche Gründertypen: vom Hochschulabsolventen bis zum Mama-Sohn-Team. Mit dem Produktionsteam werden die letzten Details für die Aufnahme besprochen und dann heißt es warten...und warten...und warten… Eigentlich sollte meine Aufzeichnung kurz vor dem Mittag sein, wurde dann aber ganz ans Ende des Tages gestellt. Somit vertrieb ich mir im Aufenthaltsraum 12 Stunden lang die Zeit. Ich kann gar nicht mehr sagen, wie oft ich meine Präsentation geübt habe.

Irgendwann nach 19.00 Uhr wird es ernst. Ich treffe den Moderator, Amiaz Habtu, für das Vorgespräch und Interview. Dann stehe ich auf einmal vor der Doppelflügeltür, die ins Studio führt. Ich höre die Investoren... Jemand zählt den Countdown runter. Ich öffne die Tür und gehe auf die Löwen zu. Ab diesem Zeitpunkt verliere ich komplett das Gefühl für Raum und Zeit. Ich habe im Nachhinein keine Ahnung mehr, wie lange ich vor den Löwen stand. Die einstudierte Präsentation klappt gut. Nun geht es ans Verkosten der Salze. Frank Thelen sieht ziemlich gelangweilt aus. Ich denke: „Okay, den habe ich jetzt schon verloren...“ Erschwerend kommt herzu, dass ich wegen der Kameraeinstellungen ca. 4-5 Meter von den Löwen während der Verkostung entfernt stehen muss. Immer wieder möchte ich näher herangehen, um die Salze besser zu erklären. Es fühlt sich komisch an. Ich habe das Gefühl, ich könnte die Investoren gleich verlieren... Zum Glück fangen die Investoren an, mir positives Feedback zu den Salzen zu geben. Sie scheinen interessiert und stellen Fragen zu den Produkten, zur Firma und den Zahlen. Sie geben sich mit meinen Antworten schnell zufrieden und bohren nicht tiefer nach. Das Feedback wird immer besser. Langsam habe ich das Gefühl, dass es richtig gut laufen könnte… Dann macht Jochen Schweizer mir ein Angebot. Ich muss grinsen und innerlich sage ich „Oh yeah, baby!“. Carsten Maschmeyer sagt, er sei raus...geschenkt… Dann macht Frank Thelen ein Angebot. Ich bin wirklich baff. Das hätte ich bei meinem Produkt und bei seiner ersten Reaktion nicht gedacht. Dann kommt noch Ralf Dümmer hinterher. Er will aber mehr Prozente. Ich denke, „wie geil, drei Investoren…!“ Zum Schluss überlegt Judith Williams sehr lange hin und her, um final abzusagen. Auch das ist mir in diesem Moment ziemlich egal. Ich kann ja aus dreien wählen. Ich muss kurz überlegen und entscheide mich für Frank Thelen.

Danach bin ich einfach nur komplett euphorisiert. Ich könnte die ganze Welt umarmen. Da es schon nach 21h ist, fahre ich nicht wieder nach Berlin zur Familie zurück, sondern übernachte nochmals bei der Freundin in Düsseldorf. Natürlich machen wir erstmal eine Flasche Sekt auf und stoßen auf den Erfolg an.

6.5.2016 - Der Deal kommt nicht zu Stande

Nach mehreren Gesprächen und Treffen entscheiden Frank Thelen und ich, dass ein Investment, wie in der Show angedacht, für beiden Seiten keinen Sinn macht. Frank unterstützt mich aber mit einem Darlehen und mit Kontakten. Jetzt gehe ich also den Weg alleine weiter und beginne zu überlegen, wie ich TRY FOODS am besten für die Ausstrahlung irgendwann im Herbst vorbereite.


23.8.2016 - Die neue Staffel von "Die Höhle der Löwen" beginnt

Leider weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wann ich ausgestrahlt werde. Zudem gibt es seitens des Senders noch keine verbindliche Zusage, ob ich überhaupt ausgestrahlt werde. Natürlich weiß ich, dass die Chancen sehr gut stehen, da ich drei Angebote von den Löwen erhielt. Es müsste also schon mit dem Teufel zugehen, wenn es nicht klappt...Trotzdem ein kleine Restunsicherheit bleibt…

Ich bereite aber alles vor. Über einen persönlichen Kontakt finde ich eine Webagentur, die mir hilft den Webshop so aufzubauen, dass er ein hoffentlichen Ansturm aushält. Ich spreche mit DHL, um die Kapazitäten aufzubauen, dass wir innerhalb weniger Tage Tausende Sets verschicken können. Ich telefoniere mit Gründern, die ebenfalls in der Höhle war und lerne von deren Erfahrungen. Und ich lasse mit Hilfe der Behindertenwerkstatt bereits knapp 10.000 Sets fertig packen. Jetzt kommt wieder ein „Oh shit“ Moment, denn falls aus irgendwelchen Gründen die Ausstrahlung ausfallen sollte, müsste ich wohl Insolvenz anmelden.

Mitte Oktober - Der Termin für die Ausstrahlung steht

Endlich kommt der erlösende Anruf von der Produktionsfirma. Die Ausstrahlung meiner Präsentation ist nun fest für die letzte Show der DHDL Staffel am 1.11. geplant. Erleichterung macht sich breit...

29.10.2016 - Wir basteln immer noch an der Webseite

Wie immer braucht es mit der Umstellung der Webseite länger als gedacht. Immer wieder tauchen kleinere oder größere Probleme auf. Ich sitze zum Teil bis tief in die Nacht mit meinem Designer und der Webagentur daran, diese zu lösen.


1.11.2016 - Die Ausstrahlung

Am Vormittag sind scheinbar die allerletzten Probleme mit der Webseite gelöst...Klar, es bleibt die Sorge, ob die Webseite hält. Mein Kontakt bei der Webagentur ist sehr sicher, dass alles funktionieren sollte. Er sitzt aber zu Hause am Rechner während der Show. Für den Fall der Fälle haben wir nämlich noch ein Backup, den wir bei einem Ausfall benutzen könnten.

Ich lade Freunde in ein Cafe in meiner Straße ein. Ich bin nicht nur in der letzten Show der Staffel, sondern auch noch die finale Präsentation an dem Abend. Endlich, es ist 22.40 Uhr und mein Teil wird gezeigt. Der Zusammenschnitt meines Auftritts ist im Großen und Ganzen gut und stimmig. Trotzdem wundere ich mich an einigen Stellen, wie es geschnitten wurde und was sie nicht gezeigt haben. Nebenher sehen wir die Statistik der Besucherzahlen auf unserer Webseite. Sie schnellt bis 50.000 gleichzeitiger Besucher hoch. Innerhalb von 60 Minuten sind über 100.000 Leute auf der Seite. Und sie hält!!! Parallel schnellen die Bestellungen hoch. Ich schaue immer wieder und kann es kaum glauben. Gleich innerhalb der ersten Stunden mache ich mehr Umsatz als in den ersten 10 Monaten des Jahres! Ich feiere noch ein bisschen mit meinen Freunden, checke zu Hause nochmals die Webseite und die ersten Glückwunsch-Mails und gehe spät ins Bett…

2.11.2016 - Der Tag danach

Ich bin bereits um 6.30 Uhr hellwach. Vor 8.00 Uhr sitze ich mit meinem Bruder am Esstisch in meiner Wohnung und bearbeiten die Bestellungen. Er hat sich extra eine Woche Urlaub genommen, um mich zu unterstützen. Kurz darauf kommt meine Mitarbeiterin Maria, die ich ca. eine Woche vor der Ausstrahlung eingestellt habe dazu. Wir arbeiten uns durch den Wust der Bestellungen…


1.12.2016 - Wir kommen mit der Produktion nicht hinterher!

Auch die Tage nach der Ausstrahlung sind extrem intensiv. Dank des innerlichen Highs (danke liebes Adrenalin!) benötige ich nur 4 Stunden Schlaf in der Nacht. Auch wenn hier und da Fehler auftauchen, stemmen wir den Ansturm mit unseren begrenzten Mitteln sehr gut! Innerhalb weniger Tage verschicken wir Tausende Bestellungen.

Da der Ansturm zwar ein bisschen abflacht, aber weiter auf einem sehr, sehr hohen Niveau bleibt gehen uns langsam die Produkte aus. Die Behindertenwerkstatt hat verständlicherweise nicht die Kapazität die benötigten Sets so schnell zu packen. Zum Glück finde ich kurzfristig einen Abfüllbetrieb in Berlin, der einspringen kann. So können wir nochmals nachproduzieren. Allerdings sollten auch die Nachproduktionen auch immer nur ein paar Tage halten. Bei unseren Bestsellern sind wir Anfang Dezember komplett leergefegt.

 

Fazit:

Es war wirklich irre zu sehen, welche positive Auswirkungen die Ausstrahlung von "Die Höhle der Löwen" auf mein Geschäft hatte. Auch in 2017 geht es auf einem wesentlich höherem Niveau weiter. Nachdem ich TRY FOODS drei Jahre lang operative allein vom Home Office aus gemanagt habe, sitze ich nun mit drei Mitarbeitern in einem Büro. Aus einem "schlecht bezahltem Hobby" ist ein kleines Unternehmen geworden. Und natürlich bin ich sehr gespannt, wie die Entwicklung weitergeht. 

 

In diesem Sinne, bleiben Sie neugierig!

Ihr
Jörn Gutowski
Gründer, TRY FOODS

 

P.S.: Ein großer Dank geht an alle Kunden, Freunde, Familienmitglieder und Geschäftspartner, die an die Idee von TRY FOODS geglaubt und uns über die Jahre tatkräftig unterstützt haben!