Umami, der unbekannte Geschmackssinn

Umami ist wohlschmeckend.


Während süß, sauer, salzig und bitter selbst für Kinder recht leicht zu beschreibende Geschmacksrichtungen sind, fällt es beim fünften Geschmack, umami, schwerer diesen genau zu fassen. In diesem Artikel erkläre ich warum und teile mein Wissen über Umami mit Euch.

Warum ist Umami so schwer zu beschreiben?  

Es liegt vor allem daran, dass wir Deutsche bei den ersten vier wissen, wie sich der Geschmack anfühlt und jeder bestimmte Speisen im Kopf hat, die den Geschmack auslösen: 

  • süß = Zucker
  • sauer = Säure (z.B. Zitronensäure)
  • salzig = Salz
  • bitter = Gemüsesorten wie Rosenkohl oder Chicoree

Bei Umami ist dies für die meisten nicht der Fall. Es fällt schwerer, sich den Gechmack im Kopf vorzustellen und diesen mit einem charakteristischen Lebesnmittel zu verknüpfen. 

Das liegt auch daran, dass der Umami-Geschmack weniger aufdringlich/auffällig ("in your face") als die anderen vier ist. Umami ist deutlich zurückhaltender und somit schwerer verortbar. 

Entdeckt wurde der Geschmackssinn übrigens bereits 1909 von dem japanischen Chemiker Kikunae Ikeda. Umami bedeutet übersetzt wohlschmeckend oder schmackhaft.

In Europa und Nordamerika wird Umami erst seit gut 20 Jahren als Geschmacksrichtung akzeptiert. Und während er Köchen mittlerweile ein Begriff ist, kennen die meisten aus der breiten Bevölkerung Umami noch nicht. Dagegen haben meiner Erfahrung nach viel mehr Menschen schon mal von Glutamat gehört.

 

Umami ist Glutamat

Umami wird durch bestimmte Bausteine von Proteinen (Eiweißen) ausgelöst. Diese Bausteine sind Salze der Aminosäure Glutamat (Glutaminsäure) und einigen weiteren. Glutamat ist aber die bekannteste.

Moment, war da nicht was? Glutamat ist schlecht für uns, oder? Glutamat ist doch ein Geschmacksverstärker und ruft bei einigen vielleicht Erinnerungen an Essen in günstigen All-you-Can-Eat China-Büfett-Restaurants hervor (China-Restaurant-Syndrom)! Ohne zu tief in die Materie einsteigen zu wollen - da es dazu genügend Artikel im Netz gibt - möchte ich nur sagen, dass Glutamat auf natürliche Weise in vielen Speisen vorkommt und an sich überhaupt nicht schlecht für uns ist. Ja, es ist ein Geschmacksverstärker, aber genau wie Salz, Zucker oder Fett. Wir brauchen es in Maßen. Wenn wir es aber in natürlich vorkommenden Dosen essen, ist es kein Poblem. Problematisch könnte ggf. höchstens eine übertriebende Einnahme von in Chemielaboren hergestelltem Glutamat sein.

 

Wie schmeckt Umami?

Oben sagte ich bereits, dass der Umami-Geschmack deutlich zurückhaltender als die anderen Geschmacksrichtungen ist und somit schwerer greifbar. Die deutsche Übersetzung des japanischen Wortes Umami (= "wohlschmeckend") hilft auch nicht wirklich weiter, denn - nicht nur - meine 7-jährige Tochter würde sagen, dass auch Süßes äußerst wohlschmeckend sei.

Wie so oft, wenn man sich mit Gschmack beschäftigt, kommt man irgendwann bei sprachlichen Unzulänglichkeiten an, bzw. bei der Schwierigkeit, was man schmeckt, in Sprache zu übersetzen. Denn es fehlen uns schlicht die Worte, um wie in diesem Fall Umami zu beschreiben. 

Wikipedia beschreibt es als "würzig oder fleischig". Beide finde ich nicht besonders treffend. Ich würde eher herzhaft sagen, aber auch das trifft es eben nicht 100%. Deshalb muss folgender Vergleich zur besseren Veranschaulichung herhalten: Stellt euch eine Suppe (z.B. Hühnersuppe) vor. Wenn diese lasch und dünn schmeckt, fehlt ihr an Umami. Hat sie dagegen einen tiefen, herzhaften und schmackhaften Geschmack besitzt sie Umami. 

 

Umami in japanischer Küche

In der japanischen Esskultur besteht ein wesentlich größeres Bewusstsein von Umami als z.B. bei uns in Europa. Eine ganze Reihe der wichtigsten und elementarsten Zutaten für japanische Gerichte sind wahre Umami-Bomben. Hierzu gehören u.a. Fischsoßen, Miso, Sojasoße und vor allem Dashi, die Grundlage der meisten Soßen und Suppen in Japan. Das klassische Grundrezept von Dashi beinhaltet einen Mix aus getrockneten Bonito-Flocken (einer Tunfischart) und Kombu-Algen. Kombu-Algen haben übrigens von allen Lebensmitteln den höchsten Umami-Anteil.

 

Ist Umami nur in japanischen Zutaten?

Da sowohl der Begriff für den Geschmack japanisch ist als auch die Verwurzelung in der japanischen Küche so stark ist, könnte man annehmen, dass Umami nur in japanischen Speisen vorkommt. Dem ist aber nicht so. Denn auch wir Europäer kennen verschiedene Zutaten, die voller Umami-Geschmack sind. Neben verschiedenen Fleischsorten sind dies u.a. Pilze, Tomaten (entweder getrocknet oder lang eingekocht) und besonders gereifte Käsesorten. 

So ist zum Beispiel ein Cheese-Burger mit Rindfleisch, Pilzen, Tomaten (besonders in Form von lang eingekochtem Ketchup) und Käse ebenfalls eine Umami-Bombe. 

Der Umami-König unter den Käsesorten ist übrigens lang gereifter Parmesankäse. Kein Wunder, dass er gern direkt vor dem Essen über italienische Nudelgerichte als zusätzlichen Geschmackskick gerieben wird. 

 

Umami in veganen Speisen

Man kann komplett auf tierische Lebensmittel verzichten, um den Umami-Geschmack zu erhalten. Neben den genannten Pilzen, Tomaten und Kombu-Algen sind auch andere Algenarten wie Nori oder auch Soja (besonders fermentiert in Sojasoße oder Miso) reich an Umami. Diese Zutaten sollte man im Kopf behalten, wenn man z.B. eine vegane Suppe kochen möchte. Denn wenn diese tiefgründig und schmackhaft sein soll, darf Umami nicht fehlen.

 

Umami braucht Zeit

Die wenigsten frischen Lebensmittel haben eine hohen Anteil an Glutamat. Erst durch Zersetzungs- und Umwandlungsprozesse, die die Proteine aufbrechen und verändern, entsteht der Umami-Geschmack. So hat gereifter Käse mehr Umami als Milch oder Auch Dry-Aged Fleisch mehr Umami als Frischfleisch.  Prozesse wie Fermentation, Reifung oder langes Kochen sorgen erst dafür, dass der Umami-Geschmack entsteht bzw. intensiviert wird. 

 

In diesem Sinne, bleibt neugierig!

Euer
Jörn Gutowski
Gründer, TRY FOODS