Tee richtig zubereiten: Worauf muss man achten?
Einer der Gründe, der mich längere Zeit vom Teetrinken abgehalten hat, war die Sorge, hochwertigen und damit ja auch teuren Tee falsch zuzubereiten. Als eher ungeduldiger Mensch, der gern frei Schnauze kocht, dachte ich, dass die vielen Regeln, was Wasserqualität, Ziehzeit, Temperatur und Zubehör angeht zu viel für mich wären. Nachdem ich mich nun etwas mit dem Thema beschäftigt habe, kann ich euch alle beruhigen: Es ist kein Hexenwerk einen guten Tee zu brühen.
Für Eduardo Molina Anfossi von Paper & Tea ist das Ziel immer eine "geschmackliche Ausgewogenheit“ im Tee zu erreichen. Hört sich gut an, aber wie erreiche ich diese Ausgewogenheit und wie verhindere ich, dass der Tee weder zu bitter, noch zu schwach wird?
Diese Frage kann man zwar nicht pauschal beantworten, da verschiedene Teesorten unterschiedlich reagieren, aber wenn man einige Grundsätze versteht, ist man nicht mehr weit von einer ausgewogenen Tasse Tee entfernt.
Bei der Teezubereitung können viele Wege ans Ziel führen
Zuerst einmal gibt es bei der Zubereitung von Tee nie nur den einen richtigen Weg. Dies war für mich schon mal eine beruhigende Erkenntnis. Die Angaben vom Hersteller/Händler sollten deshalb immer "nur" als Referenzwerte genommen werden. Je nach eigenen Präferenzen, gepaart mit wachsender Erfahrung, kann man selbst experimentieren.
Die Autorin und Journalistin Nicole Klauss sagt z.B.: „Ich brühe immer einmal nach Rezept und probiere dann eine andere Zubereitung aus. Ich spiele mit Temperatur oder Ziehzeit.“
Tipps für die Zubereitung von Tee
Wenn euch die eigene Erfahrung noch fehlt, sind hier einige Tipps, worauf ihr bei den verschiedenen Schritten achten könnt:
1. Das richtige Wasser für den Tee:
Am besten nehmt ihr ein möglichst neutrales, weiches Wasser. Alle diejenigen von euch, bei denen das Leitungswasser recht weich ist, haben es gut. Bei mir in Berlin ist das Leitungswasser (wie z. B. auch in München) sehr hart, so dass ich wenn möglich auf filtriertes Wasser (kein Mineralwasser) zurückgreife. Wenn ihr nicht sicher seid, einfach Leitungswasser und filtriertes vergleichen und sehen, was dem Tee besser tut bzw. was euch besser schmeckt.
2. Die richtige Wassertemperatur für den Tee:
Dieser Punkt ist für mich tatsächlich sehr entscheidend gewesen. Ich habe früher Tees meist zu heiß gebrüht.
Generell kann man sagen, dass man Tees, bei denen man frische, filigrane Aromen schmecken möchte, bei niedrigeren Temperaturen aufgießt. Bei wärmeren werden vor allem kräftigere, bittere Aromen extrahiert. Anders formuliert: schwarze Tees (besonders kräftige aus Assam) mögen es sehr heiß; weiße oder besonders grüne Tees fühlen sich mit weniger heißen Temperaturen deutlich wohler. Schmeckt euch z. B. ein grüner Tee zu bitter, versucht es mit einer niedrigeren Wassertemperatur.
Hier sind einige Temperatur-Richtwerte für bekannte Teesorten:
weißer Tee | 80°-85° |
japanischer Grüntee | 65°- 70° |
chinesischer Grüntee | 70°- 75° |
Oolong Tee | 85°- 95° |
Schwarztee leicht (z. B. Darjeeling) | 80°- 90° |
Schwarztee kräftig (z. B. Assam) | 90°- 95° |
Wenn ihr mehr über die Tees erfahren wollt, könnt ihr den Blogartikel über verschiedene Teesorten lesen.
3. Das richtige Verhältnis von Wasser und Teemenge:
Die Teemenge ist meiner Erfahrung nach nicht ganz so ausschlaggebend. Richtet euch zuerst nach der Empfehlung, aber falls ihr keine grammgenaue Waage habt, ist es nicht so schlimm, etwas zu viel oder zu wenig Tee zu nehmen. Es hängt auch ganz klar von persönlichen Präferenzen ab, also ob ihr generell auch andere Getränke (z.B. Kaffee) eher intensiv oder eher abgeschwächter mögt.
Als Faustformel kann man in etwa einen Teelöffel (ca. 2 g) losen Tee pro 100 ml Wasser nehmen.
Es gibt auch kulturelle Unterschiedener, wie man vorgehen kann: Nach der chinesischen Methode nimmt man eine große Menge Tee und zieht sie kurze Zeit. Die englische Methode sieht eine kleine Menge bei längerer Ziehzeit vor.
4. Die richtige Ziehzeit für den Tee:
Hier empfehle ich, die angegebenen Zeiten des Teehändlers genauer zu befolgen. Besonders Grüntee kann bei zu langer Ziehzeit „überextrahiert“ und bitter werden. Speziell japanische Tees mögen ein eher kurzes Bad im Wasser. Generell müssen Tees aus der Frühernte mit ihren feinen, kleineren Blättern kürzer ziehen als die aus älteren, gröberen Blättern. Wie ihr aber sehen werdet, sind ansonsten die Ziehzeiten bei vielen Sorten recht ähnlich.
Vorgeschlagene Ziehzeiten.
weißer Tee | 2-3 Minuten |
japanischer Grüntee | 1-2 Minuten |
chinesischer Grüntee | 2-2,5 Minuten |
Oolong Tee | 2-3 Minuten |
Schwarztee leicht (z. B. Darjeeling) | 2-3 Minuten |
Schwarztee kräftig (z. B. Assam) | 2-3 Minuten |
4. Die richtige Anzahl an Aufgüssen für den Tee
Das ist eine der vielen schönen Entdeckungen für mich gewesen. Gute Tees kann man je nach Sorte mehrmals aufgießen und bei jedem neuen Aufguss kann man geschmacklich etwas anderes erleben.
Die Anzahl der Aufgüsse hängt sowohl von der Qualität als auch von den Inhaltsstoffen des jeweiligen Tees ab. Hochwertige Tees lassen sich in der Regel mehrfach aufgießen. Grüne Tees können auch noch im vierten oder fünften Aufguss viel Geschmack abgeben, Oolongs bis zum zehnten und Pu Erh Tees können sogar über 20 Mal aufgegossen werden.
„Jedes Mal, wenn ich den Tee aufgieße, extrahiere ich bestimmte Stoffe. Wenn ich einen Tee zu lange ziehen lasse, entnehme ich zu viele Stoffe auf einmal. Der Tee schmeckt zu intensiv, zu adstringierend. Ich brühe deshalb mehrere Aufgüsse, die jeweils ausgewogen sind.“
Mit Hilfe verschiedener Aufgüsse teilt man die Extraktion der vielen Aromenstoffe quasi auf mehrere Tassen auf. Meist ist es ratsam, die Wassertemperatur mit ansteigender Anzahl der Aufgüsse sukzessiv leicht zu erhöhen.
Hier ist eine generelle Übersicht der Anzahl der Aufgüsse für verschiedene Teesorten:
weißer Tee | 2-3 |
japanischer Grüntee | 3-5 |
chinesischer Grüntee | 3-4 |
Oolong Tee | bis zu 10 |
Schwarztee leicht (z. B. Darjeeling) | 2 |
Schwarztee kräftig (z. B. Assam) | 1-2 |
Das richtige Zubehör für den Tee
Viele Wege führen nach Rom. Das gilt auch für das Zubehör bei der Teezubereitung. Die von mir interviewten Expert*innen waren sich aber alle einig, dass es wichtig sei, dem Tee Raum beim Aufbrühen für die Entfaltung zu geben. Lose Ganzblatttees gehen im Wasser auf und damit sie ihre komplette Aromatik entfalten können, sollten sie idealerweise in einem großen Filter und in einer Kanne schwimmen können.
Ob man eine Glas-, Ton, oder Porzellankanne europäischen oder asiatischen Stils nimmt, ist primär Geschmackssache. Fürs Verkosten bzw. Aufbrühen für kleinere Mengen kann man auch Becher mit Siebeinsatz oder den in China beliebten Gaiwan (Schale mit Deckel und Untertasse) nehmen. Ich habe mir angewöhnt, ein recht großes Metallsieb mit einem dünnwandigen Glas zu nehmen. Ich mag es, wenn der Tee recht zügig etwas abkühlt und trinke eigentlich nur noch Kräutertees aus Bechern.
Ratsam ist zudem ein Wasserkocher mit Temperaturanzeige oder alternativ ein Thermometer, um die richtige Aufgusstemperatur zu messen.
Auch eine Küchenwaage ist für das Abwiegen der richtigen Teemenge hilfreich, aber meiner Meinung nach nicht unbedingt notwendig.
Wenn man also einige Dinge berücksichtigt, kann man das Tee-Erlebnis steigern und mehr angenehme Aromen und Geschmacksnuancen in seine Tasse oder sein Glas bekommen. Aber es liegt viel an den eigenen Präferenzen, die man mit der Zeit herausfindet. Also, viel Spaß beim Experimentieren!
Und wie immer, bleibt neugierig!
Euer
Jörn Gutowski
Gründer, TRY FOODS