Die verkosteten grünen Tees
Wie bereits erwähnt, präsentierte mir Shawn grüne Tees aus China, Korea, Japan und Taiwan.
Grüne Tees aus China
Wir begannen mit drei chinesischen Repräsentanten. Typisch für chinesische Tees ist der nussige Geschmack, der durch die Röstung der Teeblätter entsteht. Paper & Tea gibt den Tees immer einen eigenen Namen, schreibt aber auch immer den Original-Namen aus dem Herkunftsland dazu.
Der erste Tee war der Jade Bud aus der Region Hubei. Er wird aufgrund der gerollten Blätter auch Schwalbenzunge genannt. Er schmeckt nussig und ein wenig gemüsig.
Der zweite chinesischen Tee war der Imperial Dragon aus der Nähe der Stadt Hangzhou. Wie der Name schon andeutet, ist dies ein sehr hoch geschätzter Tee in China mit einer sehr langen Tradition. Für viele Chinesen gilt er als der beste Grüntee. Der Geschmack ist sehr ausgewogen und harmonisch.
Der letzte chinesische Grüntee in der Verkostung war der Happy Huizong. Es ist ebenfalls ein Tee mit langer Tradition, die jedoch erst in den 1980er Jahren wiederentdeckt wurde. Neben den typisch nussigen Noten gesellt sich hier eine süßlich-gewürzige Note, die an Zimt erinnert.
Grüne Tees aus Japan
Dann verließen wir China, um in die zweite Grüntee-Hochburg zu reisen. Shawn hatte drei japanische Tees ausgesucht, die seiner Meinung nach einen guten Querschnitt typischer japanischer Tees (gerade auch für Einsteiger) zeigten. Laut Shawn sind die japanischen Tees die sensibelsten. Bei ihnen muss man wirklich mit der Wassertemperatur aufpassen. Werden sie nämlich zu heiß gebrüht, verlieren sie ihre feinen Aromen.
Der erste japanische Tee war der Kumano, ein sogenannter Kukicha. Dies bedeutet, dass sowohl die Blätter als auch die Stängel benutzt werden. Durch die Verwendung der Stängel besitzt der Tee weniger Koffein und ist kräftiger im Geschmack als ein grüner Tee, der ausschließlich aus Blättern gewonnen wird. Der Kumano hatte die für japanische Tees typischen grasigen Noten. Dazu kam etwas Fruchtiges und ein leicht adstringenter Abgang.
Der zweite Vertreter ist für absolute Grüntee-Fanatiker vielleicht eher ein Tabu, aber der Genmaicha ist ein toller Einstiegstee. Er ist eine Mischung aus Teeblättern (Sencha) und geröstetem Reis. Dieser ehemals "Arme-Leute-Tee" erfreut sich seit geraumer Zeit großer Beliebtheit weltweit. Als ich die Nase ins Glas hielt, fühlte ich mich sofort an Reis Crispies erinnert. Er ist ebenfalls koffeinärmer als reine grüne Tees. Das Röstaroma des Reis nimmt zudem die geschmacklichen Spitzen (wie die Adstringenz) aus dem Tee.
Der dritte japanische Vertreter war ein klassischer Sencha-Tee, ein sogenannter Daikoku. Hier kommen sofort die typisch grasigen und tomatigen Umami-Noten durch. Er scheint einen wesentlich höheren Anteil an ätherischen Ölen zu haben, sodass hier aromatisch sehr "viel im Mund passiert".
Grüne Tees aus Korea
Weiter ging die Reise nach Korea. Mir als Grünteeanfänger war das Land nicht als Produzent hochwertiger Tees bekannt, aber in der Szene sind die grünen Tees aus Korea zu Recht sehr beliebt. Die Produktion ist dort sehr aufwendig, da viele Tees sowohl wie in China geröstet als auch wie in Japan gedämpft werden. Der verkostete Maia's Pick (ein Daejak - ein spät geernteter Tee, vergleichbar mit einem indischen "third flush" Tee) ist ebenfalls geschmacklich sehr intensiv. Auch hier merke ich gleich Umami-Noten, die ein bisschen wie Meeresalgen schmecken und dazu gesellt sich das leicht nussige Aroma chinesischer Tees. Die Konsistenz hat etwas buttriges und der Abgang ist weniger adstringend als die japanischen Vertreter.
Oolong Tee aus Taiwan
Die taiwanesischen Oolong Tees sind noch komplexer in der Herstellung als die koreanischen Tees. Sie werden nämlich nicht nur geröstet, gedämpft und gerollt, sondern vorher noch kontrolliert oxidiert. Der verkostete Four Season of Spring Oolong Tee wird dabei nur um 10% oxidiert, sodass er geschmacklich einem nichtoxidierten Grüntee sehr ähnlich ist. Die Blätter dieses Tees werden extrem geballt zu kleine Kügelchen gerollt. Deshalb brühte Shawn diesen Tee das erste Mal mit kochendem Wasser auf, damit sich die Blätter erstmal öffnen konnten. Es war erstaunlich anzusehen, wie groß die Blätter wurden, wenn man diese mit den winzigen gerollten Kügelchen verglich. Erstaunlich war ebenfalls, wie oft man diesen Tee aufgießen kann. Die meisten grünen Tees kann man 3-4 neu aufkochen. Dieser Oolong verträgt sogar 5 oder mehr Aufgüsse! Der zweite Aufguss schmeckte noch ein wenig verhalten. Ich schmecke Frucht und einen leicht vanilligen, orchideenartigen Abgang. Der dritte Aufguss schmeckte viel intensiver. Hier kamen Pfirsichnoten und ein karamelliger Geschmack deutlich durch. Es war toll zu sehen, wie sich dieser Tee von Aufguss zu Aufguss entwickelte. Natürlich hätten wir dies auch mit den anderen grünen Tees mchen können, aber bei der Vielzahl der verkosteten Tees war es zeitlich nicht möglich. Gerade durch die vielmalige Verwendung der Tees relativieren sich auch die auf den ersten Blick recht hohen Preise.
Mein Fazit:
Ein wirklich extrem interessanter Vormittag. Grüne Tees haben geschmacklich, kulturell und historisch so viel zu erzählen, dass wir nur die Oberfläche streifen konnten. Es ist auf jeden Fall ein extrem spannendes Thema, an dem ich dran bleiben werde. Mehr denn je wird mein zukünftiges Motto sein: "I drink coffee, I drink tea, my dear."