Der Geschmack verschiedener Teesorten

Verschiedene Teesorten

Zugegeben, ich bin ein Kaffeetrinker. Lange Zeit ließ ich Tee links liegen. Kaffee stand für mich für einen kräftigen, aromatischen Wumms, während Tee für mich lange Zeit eher etwas für Zartbesaitete war. Dank meiner Recherche für mein TRY Tee Set wurde ich zum Glück eines Besseren belehrt. Es gibt kaum ein Getränk, dass aromatisch so komplex und unterschiedlich wie Tee sein kann. Und um gleich Missverständnisse zu vermeiden, ich spreche hier nur über Tee, der aus einer Pflanze - und zwar der Teepflanze (Camellia Sinensis) - gewonnen wird. 

Lasst uns gemeinsam anschauen, was für die Geschmacksentwicklung eines Tees verantwortlich ist. 

 

Die Reise des Tees: Von der Pflanze bis zur Tasse

Jeder Tee, den wir in der Tasse haben, wird von vielen Aspekten beeinflusst. Die wichtigsten fünf seht ihr hier.

Geschmack von Tee

 

1. Die Teepflanze: Camellia Sinensis

Die Urform der Teepflanze (Camellia Sinensis) stammt aus der südwestchinesischen Provinz Yunnan. Natürlich sind bei der Teepflanze verschiedene Varietäten entstanden, wovon wir aber nur zwei für Aufgussgetränke nehmen: Die Camellia Sinensis Var. Sinensis, die kühlere, regenreiche Gebiete bevorzugt und deren Teeblätter kleiner und zarter sind, sowie die Camellia Sinensis Var. Assamica, die sich in wärmeren Gebieten wohlfühlt, und deren Blätter gröber und größer sind. Besonders interessant für mich ist, dass beide Varietäten für einen unterschiedlichen Geschmack im Tee sorgen.

Die Assamica entstand in der indischen Provinz Assam. Die Varietät wird bevorzugt für Schwarztees benutzt, da der Geschmack der Blätter intensiver und herber ist und er sich deshalb weniger für grazilere Sorten wie weißen oder grünen Tee eignet. Von Assam wurde sie in andere warme Teeanbaugebiete wie z.B. Südindien oder Sri Lanka gebracht. Die Sinensis hingegen ist bekannt für delikate, fruchtige, gemüsige und blumige Geschmacksnoten, die besonders in grünen und weißen Tees zur Geltung kommen. Wird sie für Schwarztees benutzt, so erhält man einen vergleichsweise milden Tee (wie z.B. in der indischen Region Darjeeling).

Hier hört es aber nicht auf, denn der immergrüne Strauch wurde in den letzten ca. 3.000 Jahren domestiziert und gezüchtet, damit er sich besser an unterschiedliche Boden- und Klimabedingungen anpassen kann. Heute gibt es unzählige verschiedene Züchtungen (Kultivare), die zum Teil aus Sinensis oder Assamica - oft aber auch aus Kreuzungen beider Varietäten - entstanden sind.

Theoretisch gilt, dass man aus jeder Teepflanze jede Teesorte herstellen kann, allerdings sieht die Realität anders aus. Spezielle Kultivare eignen sich für bestimmte Teesorten. 

 

2. Das Anbaugebiet:

Je nachdem, wo die Teepflanze wächst, verändert sich der Geschmack des Tees. Dies liegt an den vorhandenen Böden, der Vegetation, des Klimas und vielen weiteren Faktoren.

Wie bei der Kaffeepflanze auch werden besondere Qualitäten meist auf höher liegenden Lagen angebaut. Der geringere Sauerstoffgehalt sorgt für ein langsameres Wachstum, was die Aromenbildung in der Pflanze befördert. Im Darjeeling, das an den Ausläufern des Himalayas gelegen ist, wächst Tee auf Höhen auf über 2.000 Metern.

 

Teeplantage

 

3. Die Ernte

Die Teeblätter, Stile oder Knospen werden in einigen Anbaugebieten bis zu sechs Mal im Jahr geerntet. Der Erntezeitpunkt hat ebenfalls einen sehr entscheidenden Einfluss auf den Geschmack des Tees.

Die jungen Triebe mit einer geschlossenen Knospe und zwei jungen Blätter sind für qualitativ hochwertigen Tee sehr begehrt. Im Teefachjargon spricht man hier von „two leaves and a bud.“ Je früher im Jahr die Teepflanze geerntet wird, desto kleiner und zarter sind die Triebe. Die genaue Qualität wird bei Schwraztees mit Hilfe von Abkürzungen angegeben: Von F (= Finest) bis SFTGFOP1 (= Special Finest Tippy Golden Flowery Orange Pekoe).

Generell lässt sich sagen, je länger die Buchstabenreihe desto höher die Qualität. Die besten Tees erhält man nur in der erste Ernte im Jahr, die als „First Flush“ bezeichnet wird, was ihr ggf. im Zusammenhang mit Darjeeling Tee schon gehört habt. Es gibt einen regelrechten Hype um First Flush Tees (die zum Teil als „Flugtee“ nach Europa kommen). Viele schwören auf den feinen, eleganten, frischen Geschmack dieser früh geernteten Teeblätter. Allerdings ist dies reine Geschmackssache. Viele Teetrinker mögen auch kräftigere Tees aus reiferen Blättern. Besonders beim Darjeeling präferieren auch einige den "2nd Flush", also die zweite Ernte, da hier die blumigen mit etwas intensiveren Noten kombiniert werden. 

 

4. Die Aufbereitung

Was nach der Ernte passiert, entscheidet darüber, welche der sechs Teesorten, die aus der Teepflanze hergestellt werden können, man am Ende in der Tasse hat: weißen, gelben, grünen, schwarzen, Oolong-Tee oder fermentierten Tee.

Nachdem der Bauer den Tee gepflückt hat, wird er grundsätzlich zuerst getrocknet („gewelkt“), wobei ca. 60% der Feuchtigkeit verdunstet. Was dann passiert, unterscheidet sich bei den einzelnen Teesorten.

Weißer Tee - der Unverfälschte

Weißer Tee ist der am wenigsten verarbeitete Tee. Er wird nur gepflückt und dann getrocknet. Bei allen anderen Tees gibt es weitere Prozesse, die den Geschmack beeinflussen. Alles was man beim weißen Tee schmeckt, kommt direkt von der Pflanze. Weißer Tee ist somit der pureste. Sein Geschmack ist delikat, weich und nicht sehr intensiv.

Bei allen anderen Teesorten ist die Aufbereitung maßgeblich an der Geschmacksentwicklung beteiligt. Der erste Schritt ist das Brechen bzw. Rollen: Dadurch werden Zellwände im Blatt aufgebrochen und Zellsäfte treten aus. Je nachdem wie stark die Blätter gerollt oder gebrochen werden, beeinflusst den Grad der Oxidation.


Oxidation - der wichtigste Unterscheider

Der hauptsächliche und wichtigste Unterschied, wie man aufbereitete Tees unterscheiden kann, ist die Oxidation. Sie teilt die Teesortenwelt in grün (nicht oxidiert), Oolong (halb oxidiert) und schwarz (oxidiert) ein. Oftmals wird die Oxidation in Büchern und Artikeln als Fermentation bezeichnet, was allerdings nicht korrekt ist, da keine Gärung stattfindet. Bei der Oxidation reagieren die ausgetretetenen Zellsäfte mit Sauerstoff. Das Blatt verfärbt sich und wird dunkel. Die Oxidation sorgt auch dafür, dass der Tee kräftiger und malziger schmeckt.

Grüner Tee 

Damit grüner Tee nicht oxidiert und seine grüne Farbe behält, wird er durch Wärme fixiert. Grüner Tee schmeck nach grünen/frischen Aromen wie Gras, Heu, Gemüse oder anderen grünen Pflanzen. In Japan geschieht die Fixierung durch Dämpfung, was den Gehalt an Aminosäuren im Tee verstärkt und wodurch er einen Umami-Geschmack (herzhaft) und grasig-maritime Noten erhält. In China wird er mit trockener Wärme (traditionell in Eisenpfannen) leicht geröstet, wodurch oft nussige oder andere leichte Röstaromen entstehen.


Schwarzer Tee:

Durch die Oxidation wird der Tee schwarz. Gleichzeitig entstehen Aromen im Tee, die oft als malzig beschrieben werden. Interessanterweise benutzen Chinesen nicht die Bezeichnung „schwarzen“, sondern „roten Tee“, um oxidierten Tee zu beschreiben. 


Oolong-Tee - die Brücke zwischen grün und schwarz

Oolong-Tees werden nicht vollständig oxidiert. Dies wird beim Rollen/Brechen gesteuert, indem nur die äußeren Zellwände beschädigt werden. Bei Oolong-Tees kann sich der Oxidiationsgrad deutlich unterscheiden. Je nach Sorte kann er deshalb eher Aromen von grünem Tee (kurze Oxidiation) oder schwarzem Tee (lange Oxidation) besitzen.


Fermentierter und gelber Tee

Der bekannteste fermentierte Tee ist der aus der chinesischen Region Yunann stammende Pu Erh Tee. Für fermentierten Tee werden große Teeblätter alter Teebäume benutzt, die wie grüner Tee aufbereitet und dann zu Ziegeln gepresst werden. Diese lässt man über Jahre hinweg in speziellen Räumen fermentieren (vergären). Heute gibt es dank speziell hinzugefügter Mikroorganismen auch schneller fermentierte Sorten. Pu Erh schmeckt sehr erdig & gereift. Gelber Tee ist von der Aufbereitung her zwischen weiß und grünem Tee angesiedelt. Er ist sehr selten und wird kaum aus China exportiert. Früher war er dem König vorbehalten. Gelber und fermentierter Tees können extrem teuer sein – die Kilopreise können bei über 5.000€ liegen. Besonders Pu Erh wird in China gern als Investitionsgut gehandelt.

 

Teeernte

5. Die Zubereitung

Schlussendlich hat auch die Zubereitung zu Hause Einfluss auf den Geschmack. Hier sind folgende Faktoren besonders wichtig zu beachten:

Wasser: Um den Geschmack des Tees optimal zu schmecken, solltet ihr ein weiches Wasser nehmen.

Wassertemperatur: Je höher die Temperaturen desto mehr Bitterstoffe werden aus dem Tee extrahiert. Gerade bei grünen Tees können zu heißes Wasser für einen unangenehm bitteren Geschmack sorgen, weshalb man sie bei niedrigeren Temperaturen (japanischer Grüntee bei 65-70° und chinesischer bei 70-80°) brühen sollte. Gleichzeitig habe ich im Grüntee grasig/blumige Noten, die ich bei zu hohen Temperaturen kaputt machen kann. Schwarzer Tee hat durch die Oxidation weniger Bitterstoffe, und seine malzigen, kräftigeren Noten können heißes Wasser besser ertragen. 

Die Ziehzeit: Ähnlich wie bei Temperatur ist Grüntee auch bei der Ziehzeit sensibler. Er kann schnell „überextrahiert“ und bitter werden. Generell müssen Tees aus der Frühernte mit ihren feinen, kleineren Blätter kürzer ziehen als die aus älteren, gröberen Blättern. 

Dies sind nur einige Beispiele, wie auch die Zubereiitung Einflüsse auf den Geschmack des Tees in der Tasse haben. Auch wenn es bei der Zubereitung von Tee nie nur den einen richtigen Weg gibt, so sind die Angaben vom Hersteller/Händler als Referenzwerte gerade für Anfänger*innen sehr wichtig. Je nach eigenen Präferenzen gepaart mit wachsender Erfahrung kann man dann auch selbst experimentieren.

 

Wie ihr sehen könnt, unternimmt der Tee eine lange Reise, bis er als Aufgussgetränk in eurer Tasse landet. Wenn man grob die Zusammenhänge versteht, wie die unterschiedlichen Stationen dieser Reise den Teegeschmack beeinflussen, hilft es, die Teesorte(n) zu bestimmen bzw. wiederzufinden, die einem am besten gefällt.

In diesem Sinne, bleibt neugierig!

Euer 

Jörn 
Gründer, TRY FOODS